27. Internationale Theaterhaus Jazztage

Es war dieses Jahr an Ostern 2014 wieder ein gehaltvolles und spannendes Festival am Pragsattel in Stuttgart. Wie immer zeichnete sich für die Zusammenstellung des Programms der Intendant des Theaterhauses, Werner Schretzmeier, verantwortlich. Und er ist wohl in Stuttgart der Mensch mit den besten Kenntnissen über Jazz.

Es traten 23 Gruppen auf, die auf Blöcke in die Hallen verteilt wurden. So kam es vor, daß in drei Hallen gleichzeitug gespielt wurde. Erstmals wurden Jazzfilme gezeigt und das für umme Dank einer Spende einer Spedition, die die Jazzfabrik in Fellbach betreibt.

Zum Auftakt glänzte der aus Leipzig stammende Klavierspieler Joachim Kühn, wohl der wichtigste Tastenmensch in Europa. Zu seinem 70. Geburtstag wurden einige Musiker eingeladen, die Kühns Lebensweg begleitet haben, so zum Beispiel sein 15 Jahre älterer Bruder Rolf Kühn, der schon bei Benny Goodman die Klarinette spielte und seinen Bruder mit 8 Jahren zu einem Konzert mit Chet Baker mitnahm, wo dieser beschloß, Jazzmusiker zu werden. Joachim Kühn ist sehr vielseitig, hat Jazz Rock, Free Jazz, Weltmusik gemacht. Sein aktuelles Trio besteht aus dem Marokkaner Majid Bekkas an der Guembri, einem Gnawa-Bass, der sich anhört wie ein Kontrabaß und dem spanischen Free Jazz-Schlagzeuger Ramon Lopez. Nach der Pause konzertierten diese Drei mit einem Djembe-Virtuosen, das ging ab wie Schnitzel.

Nach diesem fulminanten Auftakt am Gründonnerstag hörte ich mir am Karfreitag den polnischen Geiger Adam Baldych an. Er hat einen vollen und schwingenden Ton und orientiert sich an Zbigniew Preisner. Zuerst spielte er mit dem Klavierspieler Yaron Herman zusammen, der sehr reduziert und beherrscht die Tasten drückt. Danach gab es ein Quartett mit dem Virtuosen auf dem diatonischen Akkordeon, Luciano Biondini.

Am dritten Tag des Festivals, am Samstag entdeckten die Stuttgarter Jazzfreundinnen einen neuen aufstrebenden Stern am Klavier, die Japanerin Hiromi, die mit ihrem Trio aufdrehte, nachdem zuvor Jean Luc Ponty, die Jazzrocklegende, Geige spielte mit seiner Tochter. Hiromi spielte in Moers und auch in Stuttgart wirbelte sie auf höchstem technischen Niveau über die Tasten. ein weiterer Höhepunkt nach Joachim Kühn auf diesem Festival.

Am Ostersonntag dann spielte zuerst die Theaterhaus Concert Jazz Band Stücke des aus Mexiko stammenden Posaunenprofessors Joe Gallardo. Entstanden ist diese Big Band aus den Protesten heraus gegen die von Grün-Rot geplante Abwicklung des Jazzstudiengangs an der Musikhochschule Stuttgart. Danach dann konzertierte das von Kulturstaatsekretär Jürgen Walter (Bündnis 90/Die Grünen) gegründete Jazz Ensemble Baden-Württemberg. Fünf Landesjazzpreisträger haben sich hier zusammen gefunden und machten runde und schöne Musik.

Am Ostermontsg dann spielten die vier Petrocca-Brüder mit ihren Gruppen und dann zum Schluß zusammen: Antonio am Schlagzeug, Franco am Elektrobass, Davide am Kontrabaß und Lorenzo an der Elektrogitarre. Ein schöner Abschluß des diesjährigen Jazzfestivals war diese erstmalige Kooperation des Theaterhauses mt der Jazz Society Stuttgart. Das nächste Festival 2015 ist bereits gesichert, Dank einer großzügigen Gabe des Vorstandsvorsitzenden einer Firma, die  in einer Kathedrale neben dem Theaterhaus residiert und dessen Hauptsponsor ist seit 2003.

 

 

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Pippo Pollina

Signore Pollina hat gestern im Theaterhaus vor 1000 zahlenden Zuhörerinnen einen starken Eindruck hinterlassen. Dieser Liedermacher aus Palermo, der Hauptstadt Siziliens, beherrscht nicht nur viele Gitarren meisterhaft, nein auch das Charrango (andinische Gitarre aus einem Gürteltier) und das Elektroklavier.

Vor 25 Jahren ist Pollina in die Schweiz ausgewandert und hat als Straßenmusiker Jahre lang in ganz Europa musiziert. Im August nächsten Jahres spielt er in der größten Musikarena der Schweiz, dem Hallenstadion in Zürich vor 13.000 Freundinnen. Dieser sympathische und bescheidene und zugleich selbstkritische Mensch, der nach einem Jurastudium in Palermo und Kampf gegen die Mafia in die weite Welt ausgewandert ist.

Erinnerungen ruft Pollina hervor, wie er seinerzeit Vorgruppe der legendären Exilchilenen von Inti-Illimani war und mit allerlei Arten von Gemüse beworfen wurde. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und der Wandersänger spielt und singt Lieder aus der eigenen Feder vor vollen Hallen, begleitet von Gitarre, Elektrotasteninstrument, Schlagzeug, Elektrobaß und Saxophon/Klarinette. Ein runder Klang, der bombastisch werden kann, wenn alle sechs Männer auf der Bühne gleichzeitig loslegen.

Vor drei Jahren wurde der Musiker Schweizer. Allerdings hat er mit dem neu erworbenen Wahlrecht immer verloren nach seiner Stimmabgabe. Die Schweiz als das Land mit dem größten Einwanderinnenanteil auf dem Planeten wird immer feindlicher gegenüber Fremde…

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Hauptsache Arbeit

So ist ein Theaterstück betitelt, das Sibylle Berg geschrieben hat und vom Verein komitee komplett im Sozialkaufhaus der Caritas in Stuttgart-Feuerbach in Szene gesetzt wurde. Regie führte Wilfried Alt vom Theater der Altstadt. Er war der einzige Hauptamtliche bei der ganzen Sache, alle anderen, die Schauspielerinnen und alle im Verein, arbeiten ehrenamtlich.

Das Stück ist ein ätzender Abgesang auf Unternehmen, die keinerlei Existenz-Berechtigung haben, oder anders gesagt beim Stück werden die Opfer des Kapitalismus ausgespuckt. Männer und Frauen mitsamt dem bescheuerten Vorgesetzten treffen sich auf einem Schiff zur Betriebsfeier. Dort geht es dann immer mehr ans Eingemachte. Drei weibliche Ratten in Militärhosen begleiten das ganze perverse Treiben. Dann tritt die Oberratte Frank Schäfer in Aktion, ein äußerst erfolgreicher Antreiber der Meute, der natürlich im Geld schwimmt wegen seines Gehampels vor Versicherungsfritzen. Im Laufe des Abends entblösen sich die Angestellten immer mehr und das Ganze wird immer zynischer und menschenverachtender. Zum Schluß stirbt der Vorgesetzte.

Im Anschluß ist es beim komitee komplett Tradition, daß die Zuschauerinnen bei einem Glas mit den Darstellerinnen und den Macherinnen ins Gespräch kommen. Heike Bonilla Torres, die Vorsitzende des Vereins, war da sehr eifrig beim gegenseitigen Vorstellen.

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Natassa Mare

Ein schön entspanntes Konzert gab es am ersten Teil des Thessaloniki-Abends im Theaterhaus am Samstag, den 8. Juni 2013. Es musizierten drei griechische Jazzmusikerinnen mit internationaler Erfahrung: Das Natassa Mare 3io. Es besteht aus einer Sängerin mit einer wunderschönen Stimme, Natassa Mare, dem Kontrabassisten Laskis Tzimkas und dem Gitarristen Kosmas Stefanidis. 150 Zuhörerinnen lauschten gebannt den sprudelnden Melodien der drei.

Im zweiten Teil des Konzertabends gesellten sich der Perkussionist Hans Fickelscher aus Schmiden und der Esslinger Tenorsaxophonist Wolfgang Fuhr dazu. Beides ausgezeichnete Könner ihres Fachs. Die fünf hatten sich am Mittag kennengelernt und losmusiziert, nachdem Noten per Rechner von Deutschland nach Griechenkand gingen und umgekehrt. Fickelscher hat nach seinem Schlagzeugstudium bei Pierre Favre an der Stuttgarter Musikhochschule zwei Jahre in New York den Master draufgehängt. Er leitet das European Brazil Projekt, ist der Kopf hinter der Gruppe Jazz@large und unterrichtet in Fellbach. Fuhr hat an der Musikhochschule in Köln studiert und sich im Schwabenland niedergelassen. Die beiden Deutschen bereicherten den Abend ungemein und auch souverän, das Publikum war hellauf begeistert. Organisiert wurde der Abend von der Initiative „Thessaloniki anders“, die der Krise in Griechenland trotzt.

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Eberhard Budziat Big Band Projekt

Unfaßbar gut, was das 16köpfige Jazz-Männerorchester im Theaterhaus darbot. Der Korber Posaunist und Komponist Eberhard Budziat hat in den letzten beiden Jahren eigene Stücke mit diesen gestandenen Jazzmusikern aus der Region Stuttgart aufgenommen und die wunderbare Scheibe mit dem ersten öffentlichen Konzert dieser Big Band am Vorabend des 1. Mai 2013 gefeiert. Faszinierende Kompositionen des Meisters wurden mit genialen Bläsersätzen und feinen Einzelspielen der Rhythmus-Gruppe bestehend aus Tobias Becker, Klavier, Jens Loh, Baß und Marcel Gustke, Schlagzeug, präsentiert. Den vielen Anhängerinnen des witzig moderierenden Orchesterleiters gefiel das Konzert über alle Maßen. Wie gut Budziat in der Jazztradition verwurzelt ist und daraus ein einmaliges Konzept ableitet, ist atemberaubend. Mehr zur Welt dieses Menschen: www.eberhard-budziat.de

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