Pippo Pollina
Erstellt von Armin | Abgelegt unter Kritiken, Tagebuch
Signore Pollina hat gestern im Theaterhaus vor 1000 zahlenden Zuhörerinnen einen starken Eindruck hinterlassen. Dieser Liedermacher aus Palermo, der Hauptstadt Siziliens, beherrscht nicht nur viele Gitarren meisterhaft, nein auch das Charrango (andinische Gitarre aus einem Gürteltier) und das Elektroklavier.
Vor 25 Jahren ist Pollina in die Schweiz ausgewandert und hat als Straßenmusiker Jahre lang in ganz Europa musiziert. Im August nächsten Jahres spielt er in der größten Musikarena der Schweiz, dem Hallenstadion in Zürich vor 13.000 Freundinnen. Dieser sympathische und bescheidene und zugleich selbstkritische Mensch, der nach einem Jurastudium in Palermo und Kampf gegen die Mafia in die weite Welt ausgewandert ist.
Erinnerungen ruft Pollina hervor, wie er seinerzeit Vorgruppe der legendären Exilchilenen von Inti-Illimani war und mit allerlei Arten von Gemüse beworfen wurde. Mittlerweile hat sich das Blatt gewendet und der Wandersänger spielt und singt Lieder aus der eigenen Feder vor vollen Hallen, begleitet von Gitarre, Elektrotasteninstrument, Schlagzeug, Elektrobaß und Saxophon/Klarinette. Ein runder Klang, der bombastisch werden kann, wenn alle sechs Männer auf der Bühne gleichzeitig loslegen.
Vor drei Jahren wurde der Musiker Schweizer. Allerdings hat er mit dem neu erworbenen Wahlrecht immer verloren nach seiner Stimmabgabe. Die Schweiz als das Land mit dem größten Einwanderinnenanteil auf dem Planeten wird immer feindlicher gegenüber Fremde…
Etikett/en: Italien, Schweiz, Weltmusik
Abdel Azrié
Erstellt von Armin | Abgelegt unter Kritiken
Azrié ist ein französischer Sänger und Dichter, der in Aleppo geboren wurde. Dies ist eine syrische Stadt, die 5000 Jahre auf dem Buckel hat und jetzt im Krieg viel leiden muß. Zum Konzert im Theaterhaus, das der Architektur-Verlag Esefeld und Traub aus Stuttgart vermittelte, brachte der Syrer eine Knopf-Akkordeonistin und einen Cellisten aus Frankreich sowie einen Trommler und einen Oud-Spieler aus Damaskus mit. Dazu gesellte sich noch spontan ein deutscher Trommler dazu. Azrié brachte Gedichte zu Gehör, die teilweise Jahrhunderte zurückreichen wie auch das Vorwort des ältesten Epos der Menschheit, Gilgamesch oder der Anfang des Johannes-Evangeliums. Aber auch Sufi-Dichter wurden geehrt. Die Musikerinnen begleiteten die Stimme des Meistersängers im Hintergrund mit viel Respekt. Ein runder Abend mit klassischer arabischer Musik, dessen Gedichte vom Schriftsteller Suleyman Taufiq ins Deutsche übersetzt und auf eine Leinwand projiziert wurden. Ein schöner und besinnlicher Abend mit viel Tiefgang.
Geschwister Well
Erstellt von Armin | Abgelegt unter Kritiken
Derb geht es zu, wenn sich drei Schwestern und drei Brüder der 17köpfigen Well-Familie ein musikalisch-kabarettistisches Stelldichein geben. Seither getrennt auf Musikreisen: die Biermösl Blosn, bekannt geworden durch Gerhard Polt und die Wellküren, die drei Schwestern. Aberwitzige musikalische Passagen auf allen möglichen und unmöglichen Instrumenten mit hohem musikalischen Können. Die 6 Geschwister Well haben im Theaterhaus vor jeweils 300 Zuhörerinnen an drei Abenden alles gezeigt, was sie können. Hackbrett, Tuba und Kontrabaß, aber auch Banjo und Dudelsack nebst Bachtrompete wurden durcheinander dargeboten. Immer wieder nur Gesang, dann Blaskapelle, witzige Moderationen, Reisen führen nach Amerika und China. Also rundum Weltmusik zum Ablachen, aber auf höchstem Niveau. Und die Mutter der Familie sitzt im Hintergrund der Bühne im Dirndl und gfreut sich. Sie wollte noch den alten Bahnhof sehen und ist deshalb mitgefahren nach Stuttgart.
Mahala Rai Banda
Erstellt von Armin | Abgelegt unter Kritiken
Rolf Graser, der Geschäftsführer des Forums der Kulturen in Stuttgart, hat die Roma-Kapelle aus Rumänien ins Laboratorium gelotst. Die 9 Vollblutmusiker lieferten heiße Balkan-Rhythmen ab. Irrwitzige Passagen wechselten sich mit gekonnten Einzelimprovisationen ab. James Brown hätte seine wahre Freude an der Musik gehabt. Das lauschende Volk im ausverkauften Lab folgte den musikalischen Derwischen auf der Bühne tanzend. Die Musiker hatten einen großen Spaß, es gab viel zu schmunzeln. So legte beispielsweise der Posaunist einen kurzen Pausentanz hin, wie er in den Ghettos von New York gepflegt wird. Heiß und dreckig war das Ganze. Das aktuelle Album der Truppe ist mit ‚Balkan Reggae‘ überschrieben.
Etikett/en: Rumänien, Weltmusik
David Orlowsky
Erstellt von Armin | Abgelegt unter Kritiken
Der Tübinger David Orlowsky ist ein begnadeter Klarinettist und spielt mit seinem Trio Klezmermusik seit 15 Jahren. Zuerst adaptierten sie originale Kompositionen und dann im Laufe der Jahre gingen sie dazu über, eigene Klezmerstücke zu komponieren und das mit recht großem Erfolg. Ein Schallplattenkonzern gibt die Kompaktscheiben des Trios heraus, das neben Orlowsky aus dem Gitarristen Jens-Uwe Popp und dem bassisten Florian Dohrmann besteht. Die drei gaben wieder ein Konzert im Theaterhaus am 13. Oktober 2012 , diesmal erweitert um den virtuosen Mandolinen-Spieler Avi Avital und am Bandoneon Klaus Paier. Wunderschöne Musik, die den 500 Zuhörerinnen äußerst gut gefallen haben, um nach dem Applaus zu urteilen. Das Trio macht nach eigenem Etikett Kammerweltmusik. Das bringt es auf den Punkt.
Etikett/en: Weltmusik